1) Frau Becker, mit dem Wiederaufbau des Charlotte-Croon-Hauses haben Sie den Gießener Bürgern ein Stück Stadt- aber auch Familiengeschichte geschenkt. Mit welchen Gefühlen blicken Sie heute auf Ihr Werk?
Einerseits ist da immer noch ein wenig Staunen - Staunen darüber, dass das Haus jetzt Wirklichkeit geworden ist. Wenn man so lange die Einzige war, die an diese Idee glaubte und immer wieder auf Zweifel oder sogar Ablehnung stieß, dann ist es immer noch ein wenig unwirklich, dass das Haus jetzt nicht mehr nur ein Luftschloss, sondern aus festem Stein gebaut ist. Andererseits: wenn ich mit dem Fahrrad die Löwengasse hochfahre, dann kann ich mir fast gar nicht mehr vorstellen, dass das Haus nicht schon immer da stand. Es steht jetzt so selbstverständlich an dieser Ecke, es gehört einfach dahin.
2) Welches waren die größten Herausforderungen vor bzw. während der Bauzeit?
Nach dem Ringen um die Baugenehmigung der Stadt, galt es, meine Kinder mit ins Boot zu holen. Wir sind eine ganz normale Familie, nicht gewohnt, mit solch großen Summen und damit verbunden mit solch großen Risiken umzugehen. Wir haben eine Gesellschaft gegründet, die das Haus baut und vermarktet, denn meine Kinder wohnen in ganz Deutschland verstreut – und ich bin über der ganzen Planung eine alte Frau geworden. Da muss man daran denken, wie es auch später weitergehen kann.
Die nächste Herausforderung war, eine Bank zu finden und zu überzeugen, dass der Bau eine gute Idee und die Finanzierung kein gewagtes Spiel ist. Während der Bauzeit waren wir vielim Einsatz. Wir waren fast immer da, für kleine Entscheidungen, Veränderungen, zum Aufschließen, wenn ein Handwerker besonders früh anfangen wollte. Da bin ich meinem Mann sehr dankbar, der mit seinem guten technischen Verständnis oft besser als ich entscheiden konnte.
3) Worauf sind Sie besonders stolz?
Stolz? Stolz ist nicht das richtige Wort. Ich bin zufrieden, zufrieden, dass ich mit meiner Idee so lange durchgehalten habe, zufrieden, dass ich mit Frau Ute Kramm und ihrem Architekturbüro aplus ein freundliches, kompetentes und engagiertes Team gefunden hatte, das von Anfang an meine Idee mittrug, zufrieden, dass alles so weit geklappt hat, wie es heute ist.
4) Wie nahe ist der Neubau am Original?
In den Dimensionen, Fensterhöhen, Dachneigung, Zierstreifen, mit dem Türmchen und dem schrägen Eingang an der Ecke entspricht das Haus schon dem alten Haus. Aber natürlich ist es nicht mehr das Haus, das ich mir vor 17 Jahren vorgestellt hatte. Da haben so viel Ämter mitgesprochen, die Architektin hat ihren Stil eingebracht, der Denkmalschutz wollte keine Kopie, man sollte sehen, dass das alte Haus neu aufgebaut ist, die Architektin wollte kein drittes rotes Haus an dieser Stelle. So hat sich das Haus immer verändert. Trotzdem bin ich zufrieden mit dem Ergebnis. Ich wollte das alte Doppelhaus wieder herstellen, und das ist gelungen.
5) Wie wichtig ist es Ihnen bei einem solchen Projekt mit regionalen Anbietern zusammenzuarbeiten?
Das ist mir sehr wichtig. Bei einigen Gewerken haben wir gar keine Ausschreibung gebraucht, sondern gleich die Firmen ausgewählt, mit denen wir, ja sogar meine Eltern und Großeltern schon früher zusammengearbeitet haben. Da hatte ich das Vertrauen, dass ich gute Angebote bekomme. Ein Arbeiter der Rohbaufirma sagte: „Wenn ich hier vorbeigehe, kann ich sagen: Dieses Haus habe ich gebaut.“ Zwei andere Arbeiter erinnerten sich, dass sie schon vor 15 Jahren an der Renovierung des Altbaus beteiligt waren. Wenn eine solch enge Beziehung zu Firma und Objekt besteht, kann ich damit rechnen, dass auch gut gearbeitet wird. Da kann ich auch meine Begeisterung auf die Arbeiter übertragen.
6) Wie hat die Volksbank Mittelhessen Sie in Ihrem Vorhaben unterstützt?
Die Volksbank hat mich sehr unterstützt. Ich hatte mit Herrn Heinrich einen Berater, der sich viel Zeit genommen hat, den ich bereits bei unserem ersten Gespräch für mein Vorhaben begeistern konnte. Das war kein Halbstundentermin. Er hat sich die Familiengeschichte der letzten hundert Jahre geduldig angehört, hat meine Kinder durch mich kennengelernt, wir haben die Stadtgeschichte gestreift und für alte Häuser geschwärmt, kurz, er hat sich die Mühe gemacht, unseren Hintergrund und meine Begeisterung für das Projekt kennenzulernen. Und natürlich habe ich ihm auch meine finanziellen Wünsche und Vorstellungen vorgelegt. Es war für ihn kein Problem, mir da zu folgen, lagen der Altbau und der geplante Bauplatz ja nur einen Steinwurf entfernt von der Hauptfiliale der Volksbank in der Goethestraße. Das ist der Vorteil einer regionalen Bank, die den engen Bezug zu Kunden und Orten hat.
7) Welche Aspekte der Zusammenarbeit mit der Volksbank Mittelhessen waren bzw. sind Ihnen besonders wichtig?
Die Zusammenarbeit war sehr unbürokratisch. Dazu muss man wissen, dass unsere Baumaßnahme ein besonderes Problem hatte. Obwohl wir das Grundstück schon bezahlt hatten, war es noch nicht vermessen, existierte formal eigentlich nicht als einzelnes Grundstück. Da brauchte es sicher einige Verrenkungen, einige Seufzer und etliche Phantasie. Dass man hier Wege fand, eine etwas komplizierte Situation zu meistern, hat mir sehr gefallen und unser Projekt eigentlich erst ermöglicht. Da bin ich der Volksbank Mittelhessen wirklich dankbar, dass ich einen guten und engagierten Berater hatte, von dem ich einmal behauptet habe, er könne sogar zaubern, und natürlich auch, dass wir einen guten und günstigen Kredit bekommen haben.
Auch alle anderen Mitarbeiter waren hilfreich und zuvorkommend. Viele haben dazu beigetragen, dass das Charlotte-Croon-Haus, dieses alte, neue Haus, in weniger als einem Jahr errichtet werden konnte – und die Volksbank hat einen großen Anteil daran. Danke.